Transformation der Autozulieferer in der Metropolregion Nürnberg:
Unternehmen nehmen Fahrt in Richtung E-Mobilität auf
Die Automobilzulieferer der Europäischen Metropolregion Nürnberg kommen bei der Transformation hin zu Elektromobilität und Digitalisierung voran. Dies belegt eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Consult im Auftrag der IHK Nürnberg für Mittelfranken für das Verbundprojekt transform_EMN. Viele Betriebe entwickeln zukunftsfähige Geschäftsmodelle für die Elektromobilität sowie neue Angebote für andere Branchen wie Medizin- und Energietechnik. Ein wichtiges Signal für die Leitbranche mit 100.000 Beschäftigten in der Region.
Die Transformation in Richtung neuer Antriebe stellt die Automobilzulieferer der Metropolregion Nürnberg mit ihren rund 100.000 Beschäftigten vor enorme Herausforderungen, eröffnet ihnen aber auch große Entwicklungschancen. Aus diesem Grund hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken im Rahmen des Verbundprojekts transform_EMN und in Kooperation mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut IW Consult GmbH in Köln ein Reifegradmodell entwickelt, um den Stand der Transformation in den Unternehmen beurteilen zu können. Als Datenbasis diente eine anonymisierte Umfrage, an der sich zwischen März und Juli dieses Jahres 78 Unternehmen aus der automobilen Wertschöpfungskette der Region beteiligt hatten.
Zulieferer verlagern Schwerpunkt auf E-Mobilität
Ein zentrales Ergebnis der Umfrage: Ein Großteil der Unternehmen in der Metropolregion setzt sich bereits messbar mit der Transformation auseinander oder hat schon konkrete Schritte hin zu einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell unternommen. Das wird in einem Punkt besonders deutlich: Seit 2020 haben sich die Schwerpunkte in den Produkt-Portfolios der Autozulieferer deutlich verschoben. Damals hatten noch 72 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie hauptsächlich Teile und Komponenten für klassische Antriebstechniken zuliefern. Im Jahr 2022 waren es vor dem Hintergrund des Verbrenner-Aus im Jahr 2035 nur noch knapp 67 Prozent, im Jahr 2024 werden es voraussichtlich nur noch 57 Prozent sein. Ebenfalls positiv: Zwischen 2020 und 2024 steigt der Anteil der Unternehmen, die Produkte in Chancenfeldern anbieten, von 11 auf 17 Prozent. Dazu zählen Marktsegmente, für die in Zukunft ein Wachstum erwartet wird – zum Beispiel elektrischer Antriebsstrang oder Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung. Daneben gibt es zahlreiche Autozulieferer, die hauptsächlich in Feldern tätig sind, die nicht direkt von der automobilen Transformation betroffen sind (z.B. Karosserie, Fahrwerk, Innenausstattung): Der Anteil dieser Unternehmen wird von knapp 17 Prozent im Jahr 2020 auf rund 26 Prozent im Jahr 2024 steigen.
Um den Reifegrad bei der Transformation zur E-Mobilität zu bestimmen, hat IW Consult u.a. analysiert, wie es um Stand und Entwicklung der Digitalisierung in den Unternehmen steht, welche Innovationsaktivitäten vorhanden und welche Anpassungen bereits angestoßen oder geplant sind – etwa weg von Komponenten für den traditionellen Antrieb hin zu Produkten für den elektrischen Antriebsstrang oder Aktivitäten in Fahrzeugautomatisierung und -vernetzung. Die Studie teilt die teilnehmenden Unternehmen in vier Gruppen ein – je nachdem, wie weit sie bei der Transformation schon fortgeschritten sind:
„Avantgarde“: Die Unternehmen dieser Gruppe sind am weitesten fortgeschritten, dieTransformation ist in vollem Gange. Bisher zählen lediglich 3 Prozent der befragten Unternehmen zu dieser Kategorie. Sie zeichnen sich durch einen hohen Digitalisierungs- und Innovationsgrad aus und durch fortgeschrittene Kompetenzen in zukunftsrelevanten Bereichen. Darüber hinaus sind sie bereits in den Chancenfeldern aktiv, die große Marktchancen versprechen.
„Vorreiter“: 50 Prozent der befragten Unternehmen können sich zu dieser Gruppe zählen, bei der die Grundlagen für eine erfolgreiche Transformation gegeben sind. Sie sind schon zunehmend in neuen Chancenmärkten aktiv und richten sich zukunftsorientiert in den Bereichen Digitalisierung, Innovation, Kompetenzen und Mentalität aus.
„Fortgeschrittene“: 44 Prozent der Unternehmen haben erste strukturellen Maßnahmen ergriffen, sie beginnen bzw. planen erste Aktivitäten in den Chancenmärkten. Sie zeigen ernsthafte Maßnahmen, um bei der Digitalisierung voranzukommen. Die Betriebe dieser Gruppe legen die Grundlagen für eine erfolgreiche Transformation, die aber noch ausgebaut werden müssen.
„Anfänger“: Erfreulich ist, dass nur noch knapp 3 Prozent der befragten Unternehmen dieser Gruppe zuzurechnen sind. Diese Unternehmen haben noch keine Aktivitäten in Geschäftsfeldern der Elektromobilität angegangen und weisen deutliche Rückstände bei den internen Kompetenzen wie Digitalisierung und Innovation auf.
Weitere wichtige Ergebnisse der Studie
Mehr Investitionen in die Digitalisierung: Die Digitalisierung von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen ist auch für die Transformation der Autozulieferer ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die IW-Studie stellt hier ebenfalls Fortschritte in der Metropolregion fest: Im Jahr 2020 investierten die Unternehmen etwa 4,0 Prozent ihres Umsatzes in die Digitalisierung, im Jahr 2022 betrug dieser Anteil bereits 5,5 Prozent (gegenüber rund 4 Prozent im deutschlandweiten Durchschnitt). Im Jahr 2024 soll der Anteil nochmals auf knapp 7 Prozent steigen.
Neue Geschäftsfelder außerhalb des Automotive-Bereichs: „Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist, dass fast 90 Prozent der Unternehmen den Weg der Diversifikation gehen wollen“, so Dr. Ronald Künneth, Automotive-Experte der IHK Nürnberg und Koordinator der Studie. Sie versuchen also, in anderen Märkten wie beispielsweise der Energie- oder der Medizintechnik mit neuen Produkten aktiv zu werden. Hier setzt auch das Projekt transform_EMN an und bietet Unternehmen etwa mit seiner Innovationsplattform „Automotive Health“ Unterstützung bei der Diversifikation in die Medizintechnik.
„Der Fahrzeugbau, eine der Leitbranchen der Metropolregion Nürnberg mit 100.000 Beschäftigten, ist im Umbruch. 97 Prozent der Automotive-Unternehmen haben sich auf den Weg gemacht und gehen die Transformation an, über die Hälfte sind bereits Vorreiter. Das ist ein wichtiges Signal und macht Mut. Mit dem Projekt transform_EMN bieten wir das notwendige Rüstzeug. Wir geben Orientierung, vernetzen und fördern Technologietransfer und Qualifizierung“, so Dr. Andrea Heilmaier, Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin der Stadt Nürnberg und Geschäftsführerin des Forums Wirtschaft und Infrastruktur der Metropolregion.
Über die Hälfte der Unternehmen hält Standorte in der Region hoch
Die Unternehmen wurde von IW auch dazu gefragt, wie sie die Metropolregion Nürnberg als Wirtschaftsstandort einschätzen. Knapp 44 Prozent der teilnehmenden Unternehmen haben weitere Standorte in Deutschland oder im Ausland. Erfreulich für Nordbayern: Über die Hälfte dieser Unternehmen misst ihren Standorten in der Region eine deutlich höhere Bedeutung zu als anderen Standorten in Deutschland. Bei der Beschäftigungsentwicklung bis 2024 gibt es allerdings deutliche Unterschiede zwischen den inländischen und den ausländischen Standorten: Die Hälfte der Unternehmen erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten an den ausländischen Standorten stärker steigen wird als in der Metropolregion Nürnberg bzw. an den anderen deutschen Standorten. Nur knapp 16 Prozent erwarten vor Ort eine bessere Beschäftigungsentwicklung. Damit spiegelt sich der Trend der letzten Jahre: Die Unternehmen halten ihre Standorte in Deutschland, bauen aber Kapazitäten im Ausland auf. Ein Aspekt, den transform_EMN ebenfalls aktiv angeht, wie Prof. Dr. Klaus Wübbenhorst, Wirtschaftsvorsitzender der Europäischen Metropolregion Nürnberg, betont: „Ziel des Verbundprojekts ist es, Wertschöpfung und Beschäftigung der Automobilzulieferbranche in der Metropolregion nachhaltig zu festigen.“ Basierend auf der Transformations-Reifegradmessung, die im Rahmen des Projekts transform_EMN von der IHK Nürnberg für Mittelfranken entwickelt wurde, hat IW Consult weitere Erhebungen zum Transformations-Fortschritt im Automotive-Sektor in Bayern und Deutschland durchgeführt.
Das Großprojekt transform_EMN unterstützt mit einem Volumen von 6,6 Millionen Euro kleine und mittlere Unternehmen der regionalen Automobil-Zulieferindustrie dabei, die Mobilitätswende hin zu alternativen Antrieben, Digitalisierung und energieeffizienter Produktion zu meistern. Um sich zukunftsfähig aufzustellen, erhalten betroffene Unternehmen konkrete Angebote zu Vernetzung, Technologietransfer und Beschäftigtenqualifikation. Verantwortet wird das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt transform_EMN von der Europäischen Metropolregion Nürnberg und der Wirtschaftsförderung Nürnberg in Zusammenarbeit mit der IHK Nürnberg für Mittelfranken, dem Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB und der gewerkschaftsnahen IMU-Institut GmbH. Weitere Informationen finden Sie unter www.transform-emn.de.
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Die aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Consult im Auftrag der IHK Nürnberg für Mittelfranken für das Verbundprojekt transform_EMN belegt, dass die Europäischen Metropolregion Nürnberg bei der Transformation hin zu Elektromobilität und Digitalisierung voran kommt.